{Foto-Kurs} #8 – Die Schärfe Teil 2

29. Mai 2015 3 Comments

Foto-Kurs – Teil 8 - Die Schärfe Teil 2

Wisst ihr, wie man am besten eine Verwacklung des Bildes vermeidet? Oder wie man Wasser „einfrieren“ kann?

In Kapitel 7 haben wir uns bereits mit den Themen Fokus und Schärfentiefe beschäftigt. Es gibt aber noch ganz andere Formen der Schärfe und Unschärfe, und diese stelle ich euch heute vor

Viel Spaß!

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Inhalt Kapitel 8

8. …………. Die Schärfe Teil 2
     8.1 ……. Autofokus-Modi
     8.2 ……. Bewegungsunschärfe
     8.3 ……. Verwacklung
     8.4 ……. Langzeitbelichtung
     8.5 ……. Rand- und Beugungsunschärfe


8. Die Schärfe Teil 2

8.1 Autofokus-Modi

Passend zum Thema Autofokus im letzten Kapitel gibt es noch die Art des Autofokus. Und zwar gibt es drei verschiedene Autofokus-Modi, die bestimmen, wie bzw. wann die Kamera scharf stellt. Im Folgenden wird erst die Canon-Bezeichnung verwendet, in Klammern die Bezeichnung bei Nikon.

One Shot (AF-S; „single“: Die Kamera misst einmalig die Schärfe, wenn der Auslöser halb durchgedrückt wird. Diese Schärfe wird so lange gespeichert, bis der Auslöser durchgedrückt oder losgelassen wird. Man kann kein Bild machen, solange nicht fokussiert wurde, weshalb der Modus auch Autofokus mit Schärfepriorität genannt wird. Dieser Modus ist vor allem bei statischen Motiven sinnvoll, die sich nicht bewegen. Man kann mit halbgedrücktem Auslöser den Bildausschnitt nachträglich noch ändern, ohne dass sich der Fokus selbst ändert (bei einer sehr geringen Schärfentiefe, z.B. durch eine große Blende, ist diese Eigenschaft allerdings problematisch, da das Motiv sehr schnell aus dem eingestellen Fokus „rutschen“ kann).
AI-Servo (AF-C; „continues“: Bei diesem Modus wird der Fokus bei halbgedrücktem Auslöser nicht gespeichert, sondern kontinuierlich neu gemessen. Das ist vor allem bei sich bewegenden Motiven sinnvoll, da die Kamera das Motiv quasi „verfolgt“ und immer neu fokussiert, weshalb man hier auch von Schärfenachführung spricht. Ein Auslösen ist jederzeit möglich (Auslösepriorität). Außerdem versucht die Kamera, die Bewegung des Motivs anhand der vorher gewonnenen Werte vorherzusagen, um dann beim Auslösen den richtigen (geschätzten) Fokus zu haben.
AI-A (AF-A, „automatic“: Hier entscheidet die Kamera anhand ihrer Messungen selbst, ob sich das Motiv bewegt oder nicht, und stellt dann den entsprechenden Modus (One Shot oder AI-Servo) ein.

Schärfe-/Belichtungsspeicherung
Normalerweise wird beim Halb-Durchdrücken des Auslösers sowohl der Fokus als auch die Belichtung gespeichert. Heißt, solange ihr den Auslöser nicht berührt, wird die Belichtung gemessen (sieht man z.B. im Av-Modus daran, dass sich im Sucher ständig die Belichtungszeit ändert und anpasst), und wenn ihr dann halb drückt, werden die Belichtung gespeichert und der Fokus gesetzt. Bis ihr auslöst, bleiben diese Werte gespeichert und ich könnt die Kamera noch hin und her schwenken, ohne dass sich Zeit oder Fokus ändern. Bei einigen Kameras kann man diese Verbindung von Fokus und Belichtung aber auch trennen. Bei meiner EOS 550D geht das z.B. über eine Individualfunktion (C.Fn), wenn man dort bei Punkt 9 den Wert 1 (AE-Speicherung/AF) einstellt. Nun bestimme ich nur noch die Belichtung über den Auslöser, den Fokus dagegen mit der Sternchentaste. Heißt, ich kann entweder erst Fokus oder Belichtung einstellen, dann die Kamera schwenken, und dann den zweiten Wert einstellen. (Viel Text für eine Funktion, die für die meisten wohl eher nebensächlich ist


8.2 Bewegungsunschärfe

Die Bewegungsunschärfe entsteht durch eine wahrnehmbare Bewegung des Motivs während der Auslösung, und hat so nichts mit dem Fokus oder der Schärfentiefe zu tun. Meist ist diese Unschärfe unerwünscht, wird aber z.B. bei der Sportfotografie gerne zur Darstellung von Dynamik verwendet. Wie stark die Bewegung eines Motivs später auf dem Bild sichtbar ist, wird vor allem von der Belichtungszeit bestimmt. Je länger das Bild belichtet wird, desto mehr Zeit hat das Motiv, sich sichtbar zu bewegen Oder andersrum gesagt, will man die Bewegungsunschärfe vermeiden, muss man eine möglichst kurze Belichtungszeit einstellen (und dementsprechend dann die Blende öffnen oder die ISO erhöhen, siehe richtige Belichtung). Besonders gut kann man das bei Wasser sehen; bei einer langen Belichtung wird das Wasser „fließend“, bei einer kurzen Belichtung wird es „eingefroren“.

Foto-Kurs - Bewegungsunschärfe Wasser - Belichtungszeit  Foto-Kurs - Bewegungsunschärfe Blume - Belichtungszeit
Im rechten Bild oben war der Wind schuld, dass sich die Blümchen bewegt haben; bei einer langen Belichtung wurden sie entsprechend unscharf. Hier hat es dann doch auch ein bisschen was mit dem Fokus zu tun, dass die Blumen zusätzlich unscharf werden, denn aufgrund der großen Blende und der folglich geringen Schärfentiefe, werden die Blumen durch den Wind quasi aus der Schärfebene gepustet. Hier kommen also zwei verschiedene (Un-)Schärfe-Arten zusammen.


8.3 Verwacklung

Das Verwackeln ist im Grunde eine Form der Bewegungsunschärfe, allerdings bewegt sich hier die Kamera selbst bei der Aufnahme, nicht das Motiv. Das passiert meistens, wenn man freihand fotografiert, oder auf Zehenspitzen versucht, ein Bild zu machen Auch hier spielt die Belichtungszeit eine Rolle und es gilt ebenfalls, als erste Gegenmaßnahme die Belichtung zu verkürzen. Wenn man allerdings auf eine längere Zeiteinstellung angewiesen ist, sollte man Hilfsmittel verwenden, um die Kamera zu stabilisieren. Das kann z.B. ein Stativ sein, es reicht aber auch ein normaler fester Untergrund wie ein Tisch. Man kann sich auch gegen eine Mauer lehnen oder einen sichereren Stand einnehmen.
Eine weitere Ursache, warum das Bild verwackelt, kann auch die Auslösung an sich sein. Entweder, weil man beim Drücken des Auslösers gegen die Kamera stößt, oder weil der Spiegel zu stark schwingt (bemerkbar bei langer Belichtungszeit). Abhilfe könnte hier z.B. ein Fernauslöser schaffen, um berührungsfrei auszulösen, oder die Spiegelvorauslösung (ein eingestellter Selbstauslöser hätte die gleiche Wirkung).
Außerdem spielt die verwendete Brennweite eine Rolle. Je stärker man ranzoomt, desto schwieriger wird es, freihand den selben Bildausschnitt beizubehalten. Hierzu gibt es eine Faustregel, die besagt, bei welcher Belichtungszeit abhängig von der Brennweite man noch freihand fotografieren kann:

maximale Belichtungszeit = 1 durch Brennweite in mm.
Heißt, bei einer Brennweite von 50 mm sollte man höchstens 1/50 einstellen, bei einer Brennweite von 200 entsprechend 1/200. Das ist aber nur ganz grob, und eine kürzere Zeit ist immer besser.


8.4 Langzeitbelichtung

Normalerweise ist die Bewegung des Motivs eher hinderlich für ein schönes Foto (alles Ansichtssache), aber wozu gibt es Ausnahmen?! Bei einer Langzeitbelichtung kann es nachts nämlich sehr reizvoll sein, wenn ein Auto durchs Bild fährt. Es hinterlässt dann durch die Bewegungsunschärfe eine lange Leuchtspur; das Auto selbst verschwindet dabei meist komplett. Das liegt daran, dass quasi länger „kein Auto“ belichtet wird als „das Auto“, und dieser Anteil dann so gering ist, dass er nicht mehr auffällt.

Eine Langzeitbelichtung nennt man übrigens Zeiten länger als ein paar Sekunden (ein gewisser Michael Wesely hat sogar mal 2 Jahre lang belichtet…. Dafür muss die Blende geschlossen und die ISO möglichst gering eingestellt werden, damit das Bild nicht zu hell wird (tagsüber ist ein Graufilter nützlich, der das Bild zusätzlich abdunkelt). Die meisten Kameras können bis zu 30 Sekunden lang belichten, oder manuell noch länger mithilfe der BULB-Funktion. Es ist auf jeden Fall ein Stativ nötig, und man sollte das Bild per Fern- oder Selbstauslöser und mit zusätzlicher Spiegelvorauslösung machen, um eine unerwünschte Verwacklung zu vermeidung.

Foto-Kurs - Langzeitbelichtung Lichtmalerei Leuchtspur Bewegungsunschärfe
Das rechte Bild ist während meiner Ausbildung entstanden und ich hab mir das jetzt einfach mal gemopst. Danke an meine Klassenkameraden Und man erkennt ja wohl, dass das ein Surfer sein soll, oder?


8.5 Rand- und Beugungsunschärfe

Es gibt verschiedene Formen von Abbildungsfehlern, wovon einige auch die Schärfe eines Bildes beeinflussen. Einer dieser Fehler ist die sogenannte sphärische Abberation, die eine Randunschärfe verursacht.
Strahlen, die durch den Rand der Linse fallen, werden anders gebrochen als Strahlen in der Mitte. Dadurch ergibt sich für diese Randstrahlen ein anderer Fokus und das Bild erscheint am Rand unschärfer. Bei Portraits kann dies sogar erwünscht sein, aber generell sollte das Bild natürlich auch bis zum Rand scharf sein. Durch Abblenden (Verkleinern der Blende) lässt sich dieser Abbildungsfehler, auch Öffnungsfehler genannt, reduzieren. Daher kann es sein, dass man bei einigen Objektiven lieber 1-2 Blenden abblendet, um diese Art Unschärfe bei der Offenblende zu vermeiden.

Foto-Kurs - Randunschärfe - sphärische Abberation - Optik Grafik

Nun könnte man meinen, dass durch generelles Abblenden die Schärfe immer größer wird (sowohl Randschärfe als auch Schärfentiefe). Dem ist allerdings nicht so, denn ab einer bestimmten, geringen Blenden-Größe nimmt die Schärfe wieder ab. Schuld daran ist die Beugungsunschärfe (Beugung/Bewegung nicht zu verwechseln . Sie besagt, dass die Bildschärfe eben bei einer zu kleinen Blendenöffnung abnimmt.
Das liegt daran, dass die einfallenden Lichtstrahlen nicht nur an der Linse gebrochen werden, sondern auch an den Rändern/Kanten der Blende gebeugt. Die Strahlen werden dadurch in eine andere Richtung gelenkt und erscheinen nicht als Punkt auf dem Sensor, sondern als kleines Scheibchen (ähnlich dem Zerstreuungskreis). Bei einer großen Blende gibt es im Verhältnis mehr geradlinige Strahlen in der Mitte als gebeugte Strahlen am Rand; das Bild erscheint trotzdem scharf. Beim Schließen der Blende allerdings nimmt die Anzahl der geradlinigen Strahlen proportional viel mehr ab als die Anzahl der gebeugten Strahlen, und diese fallen damit mehr auf; das Bild wird unschärfer („matschig“. Deshalb sollte man nicht weiter abblenden, als wirklich nötig ist. Der erforderliche Kompromiss zwischen Schärfentiefe und Beugungsunschärfe wird auch als förderliche oder optimale Blende bezeichnet.

Foto-Kurs - Beugungsunschärfe - Optik Grafik

Quellen und weiterführende Links:
scandig.info: Autofokus
Wikipedia: Bewegunsunschärfe // Beugungsunschärfe // Abbildungsfehler // Verwackeln
henner.info: Randschärfe // natur-makro.de: Die Beugungsunschärfe
elmar-baumann.de: Was ist Beugung? // pc-erfahrung.de: Beste Schärfe bei welcher Blende?
fotomagazin.de: Förderliche und kritische Blende
mworkz.net: Technik-Tipp: Schärfe III // uni-goettingen: Sphärische Abberation

3 Comments

  • Mai 30. Mai 2015 at 12:03

    Ich finde den Artikel sehr informativ! Viele Sachen wusste ich schon, aber einige waren mir auch noch nicht bekannt. Ich denke besonders für Leute die eine neue Kamera haben und sich noch nicht so gut damit auskennen wird der Artikel sehr hilfreich sein!

    Liebste Grüße ♥ MS
    Sparkle & Sand

  • Lea 30. Mai 2015 at 18:11

    schon wieder ein super toller Artikel Du gibst dir echt unfassbar viel Mühe mit dieser Serie, wirklich toll und unglaublich viel Arbeit, die dahinter steckt, das merkt man echt..
    Ich liebe so Haare-Schüttel-Bilder einfach Ich könnte das jedes Mal machen, aber das ist ja auch irgendwie übertrieben..
    Alles Liebe
    Lea
    LICHTREFLEXE
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  • Jana 30. Mai 2015 at 21:14

    Dankeschön für den lieben Kommentar ^^
    Ja, dass es so viel Arbeit werden würde, hab ich am Anfang doch etwas unterschätzt…

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